Die Verbannung aus der Oberstadt

Die meisten von euch werden gossenfristig gesehen die letzten Zeit als fette Jahre beschreiben. Manch einer konnte aus dem Untergang eurer großen Gönnerin, die Götter habe die Oberin selig, ein wirkliches Geschäft und ein gesundes Netzwerk aus Kontakten und Spendenwilligen aufbauen.


Ihr alle fühltet euch sicher und geborgen in eurem eigenen Reich, der Unterstadt. All die leeren Versprechungen, die sich DIE da Oben geben, von Vielfalt und Offenheit war hier unten mit dreckigen Abstrichen Wirklichkeit. Egal ob Geborener, gebürtiger oder Geflohener alle hatten dieselben miserablen Chancen auf ein erträgliches Leben. Ein hart, mit Schwielen vom Knüppeln, mit Knieschmerzen vom Betteln, mit rauen Knöcheln vom Hände reiben nach einem schlechten Geschäft oder mit Reizhusten vom Geheimnissenflüstern, erarbeitetes Biotop aus Dreck, schlechten Kompromissen und genug Cryss für den nächsten Tag. So gut, dass es euch Unvorsichtig und faul machte.

Den ersten Hammerschlag und das Knarren von Holz im Morgengrauen, hieltet ihr vielleicht noch für das Gossenwerk der Gebrüder Kovač in ihrer Schmiede wo Ihr gleich eure erste Schlotze des Tages abholen würdet, während der alte Graubart sich ein wenig Glut für den nächsten Ratteneintopf-ohne-Ratte stibitzt und das Trester&so immer noch versuchte die letzte selbst verschuldeten und gut bezahlten Kater von der Theke zu treiben. Aber es war dunkel, es war Nacht! Der nervige Ton brach nicht ab, vielmehr gesellten sich Trappeln und Fluchen dazu und verbanden sich nach und nach zu einer Kakofonie der Panik, die durch die Unterstadt hallte. Ein Geräusch, die Gefühle weckte, die Ihr zuletzt: fliehend von einem Schlachtfeld, in einem Stiefelkreis liegend, bis aufs Mark verängstigt, verspürtet, solche Momente außerhalb jeder Kontrolle.

WAS, zum f‘$%&!?@! Phalwarg geht hier vor? Aus eurem Loch kriechend, nur laufende Füße sehend und Tritte einsteckend, packt euch die Verwirrung, ihr und eure Gedanken rannten los. Hatte jemand, den Siganderfrieden gebrochen, die Schwesternschaft bestohlen, gewagt die Witwe infrage zu stellen oder ohne Ratten-Erlaubnis die Kanäle zu betreten? 


Als Ihr saht wie einer von vielen kugelig Vermummte, seine Klinge ohne jede Scheu mehrfach in den Rücken seines Vordermannes blitzen ließ, wisst Ihr: NEIN, hier passiert gerade etwas anderes!

Rechts seht Ihr wie eine Schwester den Schleier hebt, Ihr wendet euch rechtzeitig ab und ein Augenzwinkern später kracht ein totenstarrer Vermummter vor euch in den Matsch. Links erschallt die donnernde Stimme des Albert von Unten und ruft seine Geschworenen in den GerichtssaAL. Ihr krabbelt los, über euch steigt, schwer bepackt, fast die Zunft aus dem Sigander. Kriechend durch Dreck und Blut werdet Ihr ignoriert, es sprinten zielsicher Vermummte mit ihren langen Dolchen genüsslich in eure Gossenfreund stechend, an euch vorbei nach rechts. Nur noch ein paar wenige Züge und unter einer Plane durch und ihr seid… CONTRABOOOM die Plane fliegt euch entgegen… die Luft wird aus den Lungen gepresst… 

Als Ihr wieder blinzelst, siehst du vor dir ein brennendes Sigander, aus dem Tunnel hinter der Armenspeisung fliegen neben ein paar Ratten, Staub und Sterne… Alles begleitet von einem violetten Nebel der sich langsam über die Szenarien und dein Bewusstsein legt…

SO oder ähnlich verlief zumindest für mich, Feger, die Verbannung aus der Oberstadt und das Schlimmste ich erinnere mich kaum! Aber ich weiß das ich Freunde, Sicherheit und vieles mehr verloren habe. Erzählt mir gerne eure Gedanken-Fetzen, ich bin ein guter Zuhörer in diesen schweren Zeiten, Kindchen…

 

Natürlich legt sich mit der Zeit nicht nur der Dreck, sondern auch das Ausmaß der Katastrophe wird bewusst. Zurück gelassene Stände müssen angezündet werden, um die Kadaver zu verbrennen. Freunde und Gefährten waren vielleicht bisher nicht unter dem Aas, aber sind trotzdem nicht zu finden. Aus den eingestürzten Gängen vertriebenen Ratten tummeln sich im Sigander und von eurem einstigen „Markt der Wunder“ ist nicht einmal der matte Schatten mehr übriggeblieben.

 

Immer wieder die Reste plündernde Geschworene sichern sich Ihre Existenz und Stellung, durch das schnelle Eingreifen der Witwe, ich mein des Hüters, ach ne des Schöffes scheint diese Rotte glimpflich davon gekommen zu sein. Auch bis in den Augensumpf scheinen nur wenige der Vermummte gekommen zu sein und diese versickern nun langsam im Schlick, und die erhabenen Unnahbaren sind nur selten zu Erblicken.

 

Am härtesten hat es das Sigander und die Gänge der Ratten getroffen. Diese Fristen ein Dasein im übrig geblieben Rest und Dreck. Zwar graben, auf Geheiß der Mutter, die Ratten fleißig in den Gängen um zurück in ihr Nest und den Hort zukommen. Aber vielleicht auch nur um endlich den Gang in den Wald und somit die Freiheit freizulegen. Einen Weg aus dieser nun schon seit Wochen andauernden Misere der Gefangenschaft.

 

WARUM stellt sich so mancher die Frage. Die wenigen die den langen Weg durch unbekannte Gänge Richtung Stadt auf sich nahmen, erhalten dort nur eine Antwort: Abriegelung der Unterstadt; und stehen vor einem verbarrikadierten Tor. Die wenigen Uppdagger die überhaupt, auf an den Planken kratzende Unterstädter reagieren schütteln mitleidig den Kopf. Eure Wahrheit wird als Zeichen gedeutet, das der WAHN des Kronesit immer noch die Unterstadt im festen Griff hat. 

 

Es heißt sich wieder einmal anzupassen und geschmeidig durchs nächste Drecksloch zu kommen. Denn euch ALLEN ist klar lange könnt Ihr, so abgeschnitten von der Welt, nicht mehr hier ausharren. Eine Lösung muss her!